Kurzgeschichtenreihe „Schicksalspfade“ veröffentlicht

Im Ulisses Spiele Blog und auf der offiziellen DSA Homepage finden sich seit heute zwei Kurzgeschichten einer anscheinend  zusammenhängenden Reihe „Schicksalspfade“. Diese tragen die Untertitel „Ehrenschulden“ und „Fernab der Heimat“. Eine dritte mit dem Namen „Alle für einen, einer gegen alle“ fanden unsere Einhörner heute ohne weitere Erläuterung in ihrem elektronischen Postkasten, und wir haben den Inhalt der Erzählung taufrisch in diesen Artikel eingebaut (siehe unten).

Was genau sich hinter dieser Reihe verbirgt, ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch offen, ebenso, ob es weitere Informationsstücke im Netz gibt. Der mehrfache Verweis auf den folgenden Aventurischen Boten 151 lässt jedoch vermuten, dass dort Aufklärung zu erwarten ist. Hinweise nehmen die Nanduriaten eures Vertrauens derweil jederzeit gerne entgegen.

Schicksalspfade: Alle für einen, einer gegen alle

Brinstein fluchte, als er erneut mit der Hose an einem Dornenbusch hängen blieb. Er zerrte, bis ihn das Reißen von Stoff erstarren ließ. Wenn er mit zerfetztem Beinkleid zu Hause ankam, würde das die Laune seiner Frau nicht eben verbessern. Er war ohnehin bereits viel zu spät dran, was der einzige Grund war, warum er den Weg verlassen hatte und trotz der zunehmenden Dunkelheit quer durch den Wald abkürzen wollte.

„Abkürzen, von wegen“, murmelte er vor sich hin, während er das schwere Bündel vorsichtig auf dem Boden ablegte und sich bückte, um das Tuch vom Dorn zu lösen. Er richtete sich auf und schrie vor Schreck. Eine kleine, schlanke Gestalt in einem schwarzen Umhang stand unmittelbar vor ihm. Das Gesicht war ebenfalls hinter schwarzem Tuch verborgen. Nur die ernsten Augen waren freigelegt. Brinstein wollte zurückweichen, aber die Hand des Vermummten schoss vor und packte ihn am Kragen. Eine leise Stimme mit schwerem, meridianischem Akzent sagte leise: „Kein Ton, keine Regung, wenn du leben willst!“

Brinstein wimmerte leise, regte sich aber nicht. Der Mann nickte, Brinstein blinzelte und als er die Augen wieder öffnete, war von dem Mann nichts mehr zu sehen. Brinstein sah sich verwundert um, glaubte schon, sein müder Geist hätte ihm einen Mummenschanz vorgeführt, da hörte er ein lautes Brüllen. Brinstein ließ sich vor Schreck zu Boden fallen.

Zum Brüllen gesellte sich Kampflärm und Brinstein war drauf und dran, die Beine in die Hand zu nehmen, aber da fiel ihm die Warnung des Fremden wieder ein. Langsam, vorsichtig, schob er sich durch den Dornenbusch und bog die Wedel eines mannshohen Farns beiseite. Er musste sich die Hand auf den Mund pressen, um nicht erneut aufzuschreien.

Auf der Lichtung vor ihm zeigte sich im Licht des vollen Madamals eine grausige Szene. Ein riesiges Monstrum stand in der Mitte der Lichtung. Seine Gestalt und seine  groben Züge wirkten entfernt menschlich, doch das Ungetüm musste mindestens drei Schritt groß sein. Es überragte die vier Gegner, die es umstanden, bei weitem.

„Die Beine! Gegen die Beine!“, rief ein junger Mann mit Schild und Schwert und ging mit gutem Beispiel voran, indem er sein Schwert im Oberschenkel des Wesens versenkte.

Ein Oger, schoss es Brinstein durch den Kopf. Das muss ein Oger sein.

Doch der Treffer schien das Wesen nicht zu beeindrucken. Es hieb mit den riesigen Fäusten nach einem Ritter, der den Reichsgreifen auf der Brust seines Plattenpanzers trug. Der Streiter warf sich zur Seite, war aber nicht schnell genug und wurde durch die Luft geschleudert. Er schlitterte einer jungen Frau vor die Füße, die auf den ersten Blick an ihrer Robe und ihrem Sonnenzepter als Praiosgeweihte zu erkennen war.

Du solltest fliehen, dachte Brinstein, aber er war von dem Anblick des Kampfes so gefesselt, dass seine Gliedmaßen ihm nicht gehorchen wollten.

Eine Frau in einem mit Stacheln versehenen Panzer sprang in die Luft und ließ einen Rabenschnabel mit voller Wucht in den Rücken des Ogers krachen. Knochen brachen, Muskeln rissen, aber auch diesen Treffer nahm das Schrecknis kaum wahr. Jetzt erst bemerkte Brinstein, dass die Haut des Monstrums grünlich faul schimmerte. Ein Untoter, erkannte er mit eisigem Schrecken. Ein untoter Oger, nur eine Pfeilweite von meinem Dorf entfernt.

Er wusste nicht, wer die mutigen Krieger waren, die sich da dem Grauen in den Weg stellten, aber er war dankbar für ihre Tapferkeit.

„Die Beine!“, wiederholte der Schwertkämpfer, aber ein kräftiger Mann mit einem Langschwert in der einen und einem mit Klingen bewehrten Handschuh an der anderen Hand grollte zurück: „Du hast gar nichts zu befehlen, Reichsarmee!“ Um seine Worte zu untermalen, duckte er sich unter einem wuchtigen Hieb des Ogers hindurch und hackte mit Schwert und Handschuh auf den Oberarm ein. Das Fleisch wurde heruntergeschnitten wie von einem Festtagsbraten, aber der riesenhafte Gegner zog den Schlag trotzdem durch und fegte die gepanzerte Ordenskriegerin von den Füßen, die ihn hatte umlaufen wollen.

Ein helles Gleißen wie von einem Sonnenstrahl, der durch ein Astloch hineinfand, zog Brinsteins Blick zum Ritter zurück. Die Praios-Priesterin richtete sich eben von ihm auf und der zuvor Reglose sprang auf, um mit einem Schlachtruf auf den Oger zuzustürmen.

„Die Beine!“, erinnerte der Schwertkämpfer ihn, der immer noch auf den Oberschenkel einhakte. Tatsächlich drehte sich der Ritter, kurz bevor er den Gegner erreichte, um die eigene Achse und schwang den schweren Bidenhänder parallel zum Boden. Das Knie des Ungetüms war diesem wuchtigen Angriff nicht gewachsen und brach nach hinten weg. Der Oger sackte mit einem hohlen Stöhnen auf das andere Knie, doch noch immer schlug er um sich.

„Beiseite!“, rief da eine weitere Stimme, die hinter dem grausigen Menschenfresser erklang. Brinstein konnte nicht sehen, wer diese Worte äußerte, aber die anderen Kämpfer wichen zurück. Im selben Augenblick zerbarst etwas am Hinterkopf des Ogers und Flammen ergossen sich wie ein Umhang über seinen Körper.

Das Monstrum brüllte auf, schlug nach den Flammen, die sein Fleisch verzehrten.

„Bringt es zu Ende!“, rief der Schwertträger und die übrigen Kämpfer fielen über den Untoten her, hackten auf ihn ein und Brinstein war sicher, dass selbst ein solch widernatürliches Ding diesem Ansturm nicht lange standhalten konnte.

„Du solltest jetzt gehen“, hörte er da erneut die Stimme des Vermummten direkt neben seinem Ohr. „Du hast nichts gesehen. Du wirst nichts erzählen. Sonst finde ich dich. Verstanden?“

Brinstein nickte langsam.

„Dann lauf!“

Brinstein sprang auf und rannte. Das Bündel war ihm gleich, die Dornen rissen ihm Hose und Haut auf, aber er bemerkte es kaum. Er rannte, und er würde erst wieder stehenbleiben, wenn seine Haustür hinter ihm zugefallen wäre.

Schicksalspfade? Mehr dazu finden Sie im Aventurischen Boten 151. 

Quelle: Ulisses Blog, DSA Homepage

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