Blick über den Dererand #4

Amateur: [1] jemand, der etwas rein aus Liebhaberei betreibt und nicht berufsmäßig ausübt

So sehr wir die bunte Ausrichtung des Dererands mögen, die von skurrilen Youtube-Videos über Bücher und Spiele bis hin zu einem umfassenden Bildungsauftrag (rollenspielhistorisches Allerley, Kolumnen) reicht, wollen wir mit der aktuellen Folge eine kleine Neuerung einführen. Wir möchten den Blick über den Dererand ab jetzt regelmäßig unter ein Oberthema stellen, das verschiedene Aspekte eines bestimmten Themas beleuchten soll. In dieser Folge wollen wir uns daher mit dem Do-it-yourself-Aspekt von Rollenspielen auseinandersetzen.

Als Spielleiter und Spieler erstellt man im Laufe seiner Karriere unheimlich viel Material. Und wir wissen, dass viele von euch zu Hause daher Unmengen an Tagebüchern, Karten, Regelerweiterungen, Kurzgeschichten, Bildern und vielleicht sogar eigenen Rollenspielen liegen haben. Vielleicht sind es manchmal auch nur Ideen, und ihr wisst noch nicht, ob eure Materialien auch für andere Leute interessant sind. Große Rollenspiele haben mittlerweile ein ziemlich hohes Produktionsniveau erreicht, wenn man sich Bilder und Aufmachung anschaut. Ihr wisst ja: Professionalität. Daneben gibt es aber auch den Amateur. Diesen kann man sich natürlich als laienhaft und unprofessionell vorstellen, man kann aber auch die lateinische Wortbedeutung amator nehmen, die nichts anderes als Liebhaber heißt. Letztlich sind alle Rollenspiele ja irgendwann aus einem amateurhaften Milieu entstanden, weil die Leute das, was sie taten, gern machten. Uns kommt es so vor, als ob die Szene in diesem Punkt in der letzten Zeit etwas eingeschlafen ist. Deshalb wollen wir euch hier beispielhaft ein paar Projekte vorstellen. Und das soll natürlich auch ein Aufruf an euch sein: Malt! Schreibt! Baut! Zeichnet! Und teilt das Ganze. Wir würden in einem nächsten Dererand gern eure Sachen vorstellen und auch auf Simias Werkbank ist auch noch Platz für DSA-bezogenes Material.

Und keine Angst: Die Videos und Kuriositäten kommen trotzdem nicht zu kurz. Und unseren Bildungsauftrag nehmen wir auch in Zukunft ernst. This is a serious blog.

Schwerpunkt: Do-it-yourself and share it

Feenlicht RP

Die Idee zu dem Schwerpunkt kam uns, als uns vor einiger Zeit eine Mail erreichte, in der wir auf das System Feenlicht hingewiesen wurden. Feenlicht ist ein selbst entwickeltes Rollenspiel, das über den Zeitraum von 30 Jahren (!) entstanden und gewachsen ist und jetzt vom Erschaffer Uwe Gleiß unter der Creative-Commons-Lizenz frei verfügbar gemacht wurde. Nach Angaben des Autors geht es in seinem Rollenspiel weniger um klassische Abenteuer, in denen sich eine Gruppe von Helden gegen das mächtige Böse stellt. Stattdessen fokussiert sich das Spiel eher auf die Ausgestaltung eines dramatischen Spiels gerade auch fernab der Kämpfe, bei dem die Vorlieben, Abneigungen und Entscheidungen und damit die Ausgestaltung der einzelnen Charaktere viel Raum einnehmen. Die Regeln machen einen durchdachten Eindruck, und mit Kreaturen und Die Welt sind schon zwei Folgebände veröffentlicht worden. Außerdem ist es sehr flüssig und ansprechend geschrieben. Das hört sich gut an? Dann folgt dem Link und schaut euch selbst Feenlicht an.

Sphärengeflüster zum Erstellen eigener Rollenspielsysteme

Manchmal kommt es im Spiel zu Situationen, in denen man das Würfelsystem, die Welt und vielleicht auch das eigene Karma verflucht. In solch einem Fall kann man die Regeln und die Welt (auf das Karma hat man da weniger Einfluss) verändern, aber einigen von euch mag dieser Schritt vielleicht nicht groß genug sein. Der Rollenspielpodcast Sphärengeflüster hat sich auf Initiative des Rollenspielblogs hochistgut vor einiger Zeit mit dem Thema Erstellen eigener Rollenspielsysteme beschäftigt. Dabei geht es um grundlegende Fragen, warum (und ob überhaupt) man sowas eigentlich machen sollte, wie man sein System auf den Mainstream bürstet (oder eben nicht) und wie man mit Rückschlägen im Schreibprozess umgeht.

Spielen wie 1984 die xte: Abenteuer! und Das Alte Aventurien

 

Einer, der schon einige Erfahrungen mit eigenen Rollenspielen und selbst erschaffenen Welten gesammelt hat, ist Norbert G. Mattausch. Sein ursprünglich als Das Auge entwickeltes Rollenspiel Abenteuer! ist eine Hommage an die Rollenspiele der 80er und damit auch an DSA1. Auch wenn Aventurien mittlerweile vollkommen aus dem Dokument getilgt wurde, ist der Einfluss der ersten Inkarnation von DSA immer noch deutlich erkennbar. Jemand wie ich, der nicht selbst in den 80ern großgeworden ist, mag das, ebenso wie die ganze Oldschoolwelle, mit einem Schulterzucken abtun. Damit würde man dem Werk aber unrecht tun. Denn unabhängig von der eigenen Präferenz zeigt Abenteuer! eindrucksvoll, dass DSA auch ganz anders gespielt werden und mit weniger Regeln funktionieren kann, und dabei im Kern trotzdem noch das Spiel ist, das wir alle mögen.

Passend dazu hat Norbert Mattausch vor ein paar Tagen wieder seine Interpretation von Aventurien veröffentlicht, die eher an die alten Beschreibungen von DSA1 angelehnt ist. Insgesamt ist diese Version stärker an irdische Vorbilder angelehnt und auch trennschärfer formuliert. Zumindest beim Bornland dürfte dies im Vergleich zur momentan doch eher unklaren Lage mit vereinzelt auftauchenden Turmruinen und „Alles kann, nichts muss“ im aktuellen Metaplot eine willkommene Fundgrube darstellen.

Pädagogisches Rollenspiel: Thanduria

Kann man eigentlich mit Kindern schon Rollenspiele spielen, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben? Einerseits: Geht das in diesem Alter? An Herbert Grönemeyers Idee, Kinder an die Macht zu hieven, weil man ihnen eine bessere Welt zutraut, habe ich nie geglaubt, und gewisse Erfahrungen scheinen diese Annahme zu bestätigen. Andererseits: Wer schon mal Kinder beim Pläneschmieden zugehört hat, wie sie mit einfachen Mitteln („Wir müssen dem erklären, dass das so nicht weitergeht!“) die Herrschaft des Bergkönigs beenden wollen, fühlt sich wieder an seine eigenen rollenspielerischen Anfänge erinnert.

Ralf Kurtsiefer, der unter seinem Synonym Orkpack unter Anderem aufgrund seiner musikalischen Beiträge für Myranor und Leuenklinge bekannt ist, hat sich seine eigenen Gedanken gemacht und ein Rollenspiel für Kinder veröffentlicht. Worum geht es? Thanduria soll es ermöglichen, durch kindgerechte Thematiken und möglichst gewaltfreie Konfliktlösungen auch die Jüngsten zum Rollenspiel zu führen. Das Ganze ist zudem sehr demokratisch orientiert, der Spielleiter heißt hier Moderator und kann durch Vertrauensfrage abgewählt werden. Über diese Verwirklichung der Gemeinschaft der Gleichen am Spieltisch wäre auch Jean-Jacques Rousseau stolz gewesen. Anstatt von Reformpädagogik gibts dann aber Kommunikationsmodelle à la Friedemann Schulz von Thun, bei denen Kinder zu Ich-Botschaften ermutigt werden sollen, und auch das Töten von Monstern bringt einen Abzug von Erfahrungspunkten. Der Rest ist ein solides und sehr einfach gehaltenes Regelwerk. Ein guter Einstieg ist das allemal, den Rest erfahren die Kinder vielleicht besser im Spiel mit Altersgenossen.

Inhalt gesucht: Kampagnenblog zu Rabenblut

Man könnte meinen, Rabenblut wird bei uns zur Zeit härter gefeaturet als flauschige Katzenwesen im Güldenland. Es stimmt, der Abenteuerband hat es uns ziemlich angetan (Fenia spottete und Heike Wolf stellte sich gerade unseren Fragen). Schon im März dieses Jahres hat Herr der Nacht einen Kampagnenblog eröffnet, auf dem verschiedene Ideen, Spielhilfen, Ausarbeitungen, NSCs – also kurzum alles, was für eine derart komplexe Kampagne nötig und hilfreich ist – gesammelt wird. Gerade solche Blogs sind immer eine gute Gelegenheit, die Kleinode, die ihr für eure heimische Rollenspielrunde erstellt habt, der Allgemeinheit bereitzustellen. Den Anfang machte vor kurzem eine Aufwertung von Irschan Perval, dem von der regeltechnischen Seite mehr Macht verliehen wurde.

Crowd-Funding für Valashu-Übersetzungen

Eine andere Art des Do-it-yourself ist Crowdfunding. In diesem Fall geht es um das Valashu-Epos, eine Fantasyromanreihe, deren Übersetzung nach dem dritten Teil eingestellt werden sollte. Die Übersetzerin hatte dann die Idee, das Ganze in Eigenregie zu Ende zu führen und sammelt dazu Geld von Fans. Auch wenn ich den Roman selbst nicht kenne, ist es ein gutes Beispiel dafür, wie in Eigenregie mit Fanunterstützung Projekte weitergeführt werden können, wenn es für einen Verlag markttechnisch nicht mehr lukrativ genug ist.

Auch Tentakelwesen brauchen Fans: Neues CoC-Fanmagazin

Als das Magazin Cthuloide Welten eingestellt wurde, verlor Call of Cthulhu einen über die Jahre gepflegten und sehr professionellen Standfuß. Jetzt tritt Cthulhus Ruf in die Nachfolge und hat den Anspruch, alle Fans auch weiterhin mit tentakelbewehrten Artikeln und Szenarios zu versorgen. Die erste Ausgabe ist seit April erhältlich, die nächste soll bald folgen. Es werden auch immer noch weitere Autoren und Illustratoren gesucht. Außerdem ist es gerade für neue Projekte immer wichtig, Feedback für die eigene Arbeit zu bekommen. Schön zu sehen, wie hier ein entstandener Leerraum schnell wieder durch Fans ausgefüllt werden konnte.

Nachgereicht: Buffed.de berichtet über Indie-Spiele und Crowdfunding

Passend zu unserem hohen Crowdfunding-Anteil machen sich auch die Kollegen von buffed.de ihre Gedanken zum Thema Independent-Projekte. In regelmäßiger Abfolge soll über interessante Spiele und weitere Skurrilitäten berichtet werden, die unabhängig von großen Geldgebern durch die Hilfe von Fanunterstützung entstehen sollen. Den Anfang machen eine Vorstellung vom Jump ’n‘ Run Giana Sisters, dem postapokalyptischen Rollenspiel Numenera aus der Feder von Monte Cook und dem Strategiespiel Planetary Annihalation. Und: Wer mehr auf tanzende bärtige Männer, die gern Fleisch essen, steht, wird auch bedient. Aber wir müssen ja nicht alles verlinken.

Nerdphilosophie

Popkultur in Vollplatte: Knights of Mayhem

Es gibt tatsächlich Weltmeisterschaften im Tjosten? National Geographic folgt dem Weg von Charlie Andrews und zeigt im Reality-TV-Format seinen Alltag zwischen gebrochenen Rippen, familiären Problemen und dem Aufbau einer erfolgreichen Tjosten-Mannschaft. Wie ihr seht, auch andere Leute haben komische Hobbys.

Rollenspiel und Politik: Warum Norwegen jetzt am Nerdpol liegt

Imagonem/Ole Peder Giæver

DSA-Autor Jens „Eismann“ Ullrich machte vor einiger Zeit die interessante Beobachtung, dass seiner Einschätzung nach ein nicht unwesentlicher Teil der Besucher eines Piratenparteitages in Münster eine rollenspielerische Vergangenheit haben. Während wir also vielleicht in Zukunft den Eintritt von Silvanas Rettern in die Regierungsverantwortung erleben, ist uns Norwegen schon einen Schritt auf dem Weg zum Nerdpol voraus: Der norwegische Minister für Internationale Entwicklung, Heikki Holmås, hat sich kurz nach seinem Amtsantritt gegenüber der Zeitung Imagonem als passionierter Pen&Paper-Rollenspieler und LARPer geoutet (zum gekürzten Interview in Englisch). Er erzählt dabei über seine Gesinnung (alignment), seinen Karriereschritt, den er humoristisch als Stufenaufstieg betrachtet und das politische Potenzial von Rollenspielen und LARP. Indem Menschen in fiktive Situationen gesteckt würden, erfahren sie, dass sie unter Druck eventuell anders handeln und dass man sich durch LARP gut in die Situation anderer versetzen könne. Ganz abwegig ist der Gedanke ja nicht, wenn man beachtet, dass das Planspiel ein Mittel ist, um unter anderem politische Systeme zu simulieren und so auch eine Form der politischen Bildungsarbeit darstellt. Warum also nicht mal konfliktlösungsorientiertes Rollenspiel à la Wie ich lernte, den Ork zu lieben, um Verantwortung einzuüben? So schnell sind wir wieder bei Thanduria.

(via Pantoffelhelden und Schreibtischtäter)

Die Invasion der Kung-Fu-Pandas: Luft raus bei WoW?

Computer- und Konsolenspiele haben den Status einer Nischenbeschäftigung verloren und sich schon seit einigen Jahren einen festen Platz unter den Freizeitbeschäftigungen in weiten Teilen der Gesellschaft erobert. Wo früher eine engelsgleiche Geduld und finger- und konzentrationstechnische Wunder nötig waren, um Spiele ohne Speicherfunktion durchzuspielen, hat sich heute eine starke Orientierung an Gelegenheitsspielern festgesetzt. Ist das schlecht? Auf Spiegel Online kritisiert Denis Krick, wie das im Fall von World of WarCraft sämtlichen Anspruch an das Spiel zerstört hat. Nicht mehr Taktik und Zusammenarbeit sei nötig, um die höchsten Stufen zu erreichen und legendäre Waffen zu erhalten, sondern die reine Spielzeit. Klassen seien mittlerweile so angeglichen, dass man gar nicht mehr nach der ausgeglichenen Gruppe suchen müsse. Somit ist man auch niemand Besonderes mehr, wenn man das maximale Level erreicht hat, sondern einer unter vielen. Ein wenig fühlt man sich da an den Dodo aus Alice im Wunderland erinnert: Jeder hat gewonnen und alle sollen Preise haben. Stehen wir damit vor dem Ende des klassischen Nerdtums, wenn sich mittlerweile jeder mit komischer Brille, einer Big-Bang-Theory-Staffel im Regal und Level 85 bei World of WarCraft als Mitglied fühlt?

Du bist der Dragonborn. Skyrim in der Virtual Reality

Das Ende des Nerdtums auszurufen scheint eine recht billige Überlegung zu sein, wenn man sich das Folgende ansieht: The Elder Scrolls V ist ein Dauerbrenner, und es würde mich nicht wundern, wenn auch unter euch noch nicht alle Besitzer des Spiels jeden Stein in Skyrim umgedreht und jedem Drachen ein freudiges Fus-Do-Rah entgegengebrüllt haben. Ich war einmal fast mit dem Spiel durch, aber dann habe ich einen Pfeil ins Knie bekommen. Nun ist ein Skyrim-Fan auf die Idee gekommen, sich aus einem Sony HMZ-T1, einem Kinect-Sensor, TrackClip Pro, TrackIR 5 und Software wie Shoot und FAAST 0.9 (ich kann genau eines davon zuordnen) ein Virtual-Reality-Skyrim mit passender Brille und Bewegungssteuerung zu bauen. Großartig, das Nerdtum lebt also weiter.

Spielt mit den Abenteurerkindern (und singt ihre Lieder): Skyrim im Chor

Das prägendste Merkmal von Skyrim ist wohl der Soundtrack, der uns vom ersten Trailer bis zur letzten Höhle begleitete und insbesondere den Barbarenchor wieder salonfähig machte. Umso erfreulicher ist es zu sehen, wie diese Musik den Rahmen des Spiels verlässt und auch auf Konzerten und in Schulen ihre Anhänger findet. Während das erstere schon etwas länger Tradition hat – man denke an die Herr-der-Ringe-Sinfonien und die Sinfonischen Spielemusikkonzerte – erfreut vor allem die Idee der Schulaufführungen mein Nerdherz. Vielleicht ist selbst ein so oft kritisiertes System wie die Schule aufnahmefähiger, als man manchmal denken mag. Man beachte vor allem die Herren in der hinteren Reihe des Chors.

Melboure Symphony Orchestra

Heritage High School

Rollenspielakademisches Allerley

Andere Leute haben auch komische Hobbys: Konferenz der Brettspielforscher

Ich möchte nicht in die gleiche Kerbe wie manche Rollenspieler schlagen und davon ausgehen, dass die Umwelt unserem Hobby generell skeptisch bis hin zu ablehnend gegenübersteht. Vielmehr hat sich mir persönlich in den letzten Jahren immer wieder ein grundlegendes Interesse von anderen Leuten gezeigt, die eher Probleme hatten, Pen&Paper ins eigene Wissen einzuordnen. Es ist ja auch nicht ganz einfach zu erklären: Brettspiel? Ein bisschen. Improvisationstheater? Naja, in Ansätzen. Planspiel? Kommt auch vor.

Wer sich jetzt mal wieder auf die andere Seite versetzen möchte, findet bei Spiegel Online einen Artikel über die Konferenz der Brettspielforscher. Dabei tauscht sich eine weltweit überschaubare Anzahl an Personen über ihr liebstes Hobby aus: Brettspiele als legitime Quelle kultur- und sozialhistorischer Forschung zu etablieren. Was sich vielleicht im ersten Moment arg speziell anhört, scheint mir ein mehr als legitimer Ansatz zu sein. Spiele entstehen auch immer in einem bestimmten gesellschaftlichen Kontext und erfüllen eine soziale Funktion. Diese muss dem einzelnen Spieler nicht bewusst sein – bestimmte Ideen hinter einem Spiel werden vielleicht erst mit etwas Distanz klar. Vielleicht buddeln in 500 Jahren einmal Archäologen einen DSA-Band aus und machen sich Gedanken über unsere Spielekultur. Hoffen wir, dass es nicht Handelsherr und Kiepenkerl ist.

Für die nächste Party: Ich zocke nicht, ich übe ästhetische Praxis aus. Rollenspiel aus kunstsoziologischer Sicht

Spätestens seit dem Erscheinen von Wege des Meisters und Dominic Wäschs Spielleiten dürfte bekannt sein, dass man nicht nur Material zum Spielen, sondern auch über das Spielen veröffentlichen kann. Was in beiden Fällen aber noch einen Bezug zum Spieltisch hat, kann man noch auf eine abstraktere Ebene heben. Die Künstlerin Laura Flöter schreibt gerade ihre Doktorarbeit zum Thema „Zusammenhang von ästhetischer Perzeption, Rollenspiel und Avatargestaltung“. Worum geht es dabei? Die Fantastik, die seit der Weimarer Klassik einen schweren Stand in Deutschland hat, lässt sich wie jedes andere literarische Genre auf seinen Bezug zur realen Welt untersuchen. Das Gegenbild, das Fantasywelten entwerfen, sagt auf bestimmten Ebenen etwas über heutige und vergangene Gesellschaften aus, und bestimmte Figuren wie Drachen stehen dabei vielleicht als Metaphern für aktuelle Bedrohungen.

Das Spielen von Fantasyrollenspielen und die Gestaltung der eigenen Figur kann man somit auch als Ausdruck einer künstlerischen Praxis ansehen. Welche Skepsis von Seiten der Kunstszene vertreten wird, wie sich Rollenspiel von anderen Spielen abgrenzt und was nach Angaben der Autorin das Rollenspiel so besonders macht, könnt ihr im Podcast von Ausgespielt! nachhören.

Filme

Der rote Faden: Neues vom Hobbit

Ganz und gar kein Nischenprodukt ist das Thema, das immer wieder durch die bisherigen Ausgaben des Dererands zog: Der Hobbit. Die englische Website Dailymotion hat vor einiger Zeit die ersten Bilder vom Set in Neuseeland veröffentlicht, die einen Blick auf Hobbingen erlauben. Außerdem ist seit längerer Zeit bekannt, dass Der Hobbit schon beim Dreh vollständig auf 3D setzt. Einen Einblick in die Hintergründe und technischen Möglichkeiten, die sich daraus ergeben, gibt es in einem Special bei Golem.de.

Dork Days are(n’t) over: The Gamers 3 als Kickstartprojekt

The Gamers, der Film über die realen und spielinternen Abenteuer einer Gruppe Pen&Paper-Rollenspieler, hat sich in der Rollenspielszene zurecht einen Kultstatus erarbeitet. Jetzt soll ab dem kommenden August auf der GenCon ein dritter Teil gedreht werden, bei dem mit Cass (Brian Lewis), Gary (Christian Doyle), Lodge (Nathan Rice), Joanna (Carol Roscoe) und Leo (Scott C. Brown) einige bekannte Gesichter aus den vorigen Filmen auftauchen. Der Film soll im nächsten Jahr zum GenCon veröffentlicht werden. Er wird über eine Kickstarter-Kampagne finanziert und mithilfe der Unterstützung des Fandoms so wieder online unter der Creative-Commons-Lizenz frei verfügbar gemacht.

Computer- und Konsolenspiele

Nicht für die Müllkippe: Deponia

Kann ein Spiel spannend sein, in dem man von einer Müllkippe fliehen muss? Daedalic Entertainment, die gerade erst für das DSA-Spiel Satinavs Ketten ihre Qualitäten unter Beweis gestellt haben, widmeten sich in Deponia Point&Click aus ihrer favorisierten Art und Weise: mit verschrobenen Charakteren und einer gehörigen Portion Humor. Es ist höchst erfreulich, dass Spiele mittlerweile auch den Weg in das Feuilleton großer Tages- und Wochenzeitungen gefunden haben. Nur zeigt die Besprechung von Deponia auch mal wieder, dass gehaltvolle Rezensionen in diesem Bereich leider immer noch Mangelware sind und man sich oft immer noch mit ein paar Allgemeinplätzen zum Spiel und seltsamen Annahmen über die Spieler herumschlagen muss:

„Wie fast alle anderen Computerspiele, macht auch der Zeitfresser „Deponia“ seine Spieler zu Einzelgängern. Aber wer in der Figur des Anti-Helden Rufus ganz versinkt und zu lange die Umwelt vergisst, hat wohl sowieso keine Freunde.“

Wäre das nicht das ureigenste Betätigungsfeld für Irgendwas-mit-Medien-Studenten mit [Würfeln Sie mit W6 auf die Tabelle Sozialwissenschaft] als Zweitfach? Videospielkritik ist aber leider immer noch ein Nischenprodukt. Fühlt euch also herausgefordert, liebe Leser!

Sonstiges

Prominent ignoriert: Irgendein Browserspiel gewinnt aus irgendwelchen Gründen irgendeinen Computerspielepreis

Ohne Oma Rübenfein ist es nicht einfach mehr das Gleiche.

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2 Antworten zu Blick über den Dererand #4

  1. Uwe Gleiß sagt:

    Vielen herzlichen Dank dafür, dass ihr dem Amateurhaften auf so gelungene Weise einen Platz einräumt. Speziell begeistert mich, mit welcher Lockerheit hier Feenlicht besser (und vor allem kürzer) auf den Punkt gebracht wird, als bei mir selbst.
    Die gesamte bunte Mischung aus Lesenswertem, das einem klar macht, wie viele Ideen und Gedanken so da draußen herumschwirren gefällt mir. Wie oft braucht es nur einen kleinen Funken aus der Phantasie eines Anderen – hier findet man sicher einige dieser Funken, vielleicht auch etwas mehr.

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