Heute mit einem magischen Rap-Battle, einem Grundkurs in Metalkunde und einen Ausflug ins Berlin der Zukunft
In unserem zweiten Blick über den Dererand bekommt die Sparte thematischen Zuwachs. Mit dem Rollenspielhistorischen Allerley möchten wir uns regelmäßig mit Fundstücken rund um die Vergangenheit und Vorläufer des Pen&Paper-Rollenspiels auseinandersetzen. Dafür kann man 30 Jahre in die Vergangenheit blicken, vielleicht auch 200, diesmal haben wir uns aber für annähernd 2000 entschieden. Mit dem Wort zum Praiostag lassen wir Personen zu Themen zu Wort kommen, die die Rollenspielszene gerade beschäftigen. Diesmal geht es um Gedanken zur (Internet-) Kommunikation. Wir hoffen, dass dabei jeder ein paar Anregungen findet, die ihm die nächste Forendiskussion gelassener überstehen lassen. Damit wir uns wieder den wichtigen Themen des Rollenspiels widmen können: Mada oder so.
Nerdphilosophie
Epic Rap Battles of History: Gandalf vs. Dumbledore
Die Runde geht an Dumbledore! Wäre das nicht auch mal ein Konzept für Aventurien? Anstatt Helme Haffax in ein paar Jahren zur Schlacht zu stellen, könnte man auch einen ordentlichen Rap-Battle mit Rohaja organisieren. Inklusive dämonisch beseelter magomechanischer Backgroundtänzer auf der einen und praiotischen Diss-Chorälen auf der anderen Seite.
Malmsturm und der Metal
Die Rollenspiel- und die Metalszene haben ähnliche Wurzeln. Am auffälligsten dürfte das wohl sein, wenn man Cover von Metal-CDs und Rollenspielprodukten besonders in den 80er Jahren vergleicht. Aber auch in den Themen von Metal-Songs finden sich Themenfelder wie der Ritter, der gegen das gar schröckliche Monstergezücht ins Feld zieht, wieder. Der Metalfan und der Rollenspieler von heute haben also was gemeinsam: „Knietief in Monsterblut waten? Das mag ich!“
Das haben auch die Betreiber von metal.de gemerkt, die dem Rollenspiel Malmsturm ein großes Special gewidmet haben. Darin kommt Autor Xelodon sie zum Fazit, dass das Spiel in seinen einfach gehalten Regeln nach dem FATE-System, der Aufmachung und auch Gestaltung sehr gut für metalaffine Menschen geeignet ist. Wer neugierig geworden ist, dem sei das Special zu Malmsturm wärmstens ans Herz gelegt. Wer noch passende musikalische Inspiration sucht, sei auf zwei Themen im Dispositorium (Heavy Metal der alten Schule, Wo sind all die Metal-Freaks hin?) hingewiesen. Also liebe Metaller: Schaut euch doch mal ein paar Rollenspiele an. Und ein Aufruf an alle Rollenspieler: Nichts mit zuschauen, dass nächste Mal geht es mitten ab in den Moshpit.
Bücher
Schwarzspeicher von Tobias Radloff
Tobias Radloff, der mit der Seefahrtskampagne Klar zum Entern sowie diversen Beiträgen zu Abenteueranthologien und Spielhilfen für DSA tätig war, veröffentlicht jetzt mit Schwarzspeicher seinen ersten eigenen Roman.
Worum gehts? Schwarzspeicher spielt im Deutschland der nahen Zukunft. Nach einem Anschlag wird die öffentliche Sicherheit zum höchsten Gut erklärt und durch die Behörden nicht überwachbare Speichermedien verboten und zu illegalen Schwarzspeichern erklärt. Damit versucht der Roman Entwicklungen aufzugreifen, die im Moment durch Plattformen wie Facebook oder staatliche Eingriffe wie den Bundestrojaner populär sind: Was geschieht mit unseren Daten und welchen Stellenwert hat die Privatsphäre? Autor Tobias Radloff hat dazu eine deutliche Einstellung: „Jeder Mensch hat Geheimnisse. Das ist der Grund, warum es Toilettentüren gibt.“
Meph, die zentrale Person des Buches, gerät ins Fadenkreuz der Sicherheitsbehörden und kommt im Verlauf der Handlung dem Geheimnis auf die Spur, wer der Drahtzieher hinter den Anschlägen war. Das besondere ist, dass Meph ein leidenschaftlicher Pen&Paper-Rollenspieler ist und sein Hobby auf die Handlung des Thrillers nach Tobias Radloff einen entscheidenden Einfluss haben soll. Interessiert? Der Autor stellte uns freundlicherweise einen Auszug aus dem Buch zur Verfügung.
Rollenspiele
Summoner Wars
Summoner Wars ist ein Kartenspiel, das jetzt auch in deutscher Übersetzung im Uhrwerk-Verlag erschienen ist. Das Spiel wird von zwei Spielern gespielt, die versuchen, ihren Gegner oder präziser dessen Beschwörer, zu schlagen. Das tun sie mit einer von 4 grundverschiedenen Fraktionen, den Elfen, Zwergen, Orks oder Goblins. Die Karten werden dazu auf einen Spielplan gelegt, wo mit einzelnen Einheiten taktische Züge gemacht werden. Das Besondere dabei: Jeder hat immer die gleichen Karten zur Verfügung. Der Gegner weiß also, dass eine bestimmte Karte gespielt wird, er weiß nur nicht wann. Bevor ich mich jetzt in eine schwer nachvollziehbare Spielbeschreibung verstricke, möchte ich euch ein englisches Video (Link zum Video) ans Herz legen, das die Prinzipien von Summoner Wars erklärt.
Call of Cthulhu
Nach 21 Ausgaben verabschiedet sich nach dem Abgang von Frank Heller eine wichtige Institution der deutschen Call of Cthulhu-Fangemeinde: Das Magazin Cthulhoide Welten wird eingestellt.
Die letzte Ausgabe bietet auf 148 prall gefüllten Seiten vier (!) Abenteuer und dazu diverse Spielhilfen. Wir verneigen uns und hoffen, dass das ambitionierte Magazin irgendwann unter anderer Federführung fortgeführt werden kann.
Das Space 1889-Planetenprojekt
Beim Uhrwerk-Verlag entsteht derzeit unter der Leitung von Stefan Küppers eine Neuauflage des Steampunk-Rollenspiels Space 1889. Das Setting ist in einem umgestalteten viktorianischen Zeitalter verortet. Im Zuge der Technisierung konnten die Menschen mit dampfbetriebenen Raumschiffen den Mars, die Venus und den Merkur besiedeln.
Passend dazu hat sich aus DereGlobus ein Unterprojekt gebildet, das die besiedelten Planeten, ihre Städte, Ressourcen und Kanäle auf Basis von Google Earth auf die Weltkugel projeziert. Nähere Infos könnt ihr auf der Homepage (Link zur Homepage) des Projekts erhalten. Eine closed-beta ist geplant, dafür registrieren könnt ihr euch schon jetzt. Zur Zeit werden dringend aktive Weltenbauer gesucht Geplant ist es, Space 1889 zur RPC 2012 zu veröffentlichen, das Planetenprojekt soll zur gleichen Zeit starten
httpv://www.youtube.com/watch?v=9-j4s4iCG9E
Das Mittelalter – Wie wir lernten, alte Gemäuer zu lieben
Das Mittelalter schafft es gerade mehr denn je eine ungeheure Faszination auf unsere Gesellschaft auszuüben. Seien es die Borgia, die dem ZDF hohe Einschaltquoten beschaffen, Filme wie Isenhart, Die Säulen der Erde, Die Wanderhure oder auch unzählige Romane und pseudomittelalterliche Verarbeitung von Fantasystoffen wie bei Das Schwarze Auge bei Rollenspielen oder Game of Thrones bei Fantasyromanen – die Epoche des Mittelalters scheint uns nicht loszulassen.
Uwe Neumahr weist in seinem Artikel auf Zeit Online darauf hin, dass das Mittelalter nicht immer dieses gute Image hatte und lange als rückständig galt. Erst mit dem durchschlagenden Erfolg von Umberto Ecos Der Name der Rose setzte auch der Einzug in die Populärkultur ein.
Woher kommt aber das Interesse ausgerechnet am Mittelalter? Neumahr geht davon aus, dass die Menschen einen Bezugspunkt suchen, zu dem sie auch einen regionalen Bezug haben und auch die (vemeintliche) Einfachheit und Überschaubarkeit der Welt ihren Reiz ausmachen. Horst Fuhrmann, kürzlich verstorbener Historiker, vermutete, dass unsere enorme Mittelalterrezeption sehr von Stereotypen geprägt ist und auch eine Sehnsucht nach Mystizismus widerspiegelt. Die Geschichtswissenschaft mag vieles davon kritisch betrachten. Es zeigt aber, dass Fantasy-Rollenspiele entgegen des oft vorgetragenen Abwärtstrends auch in Zukunft gute Chancen haben, wie ich finde.
Rollenspielhistorisches Allerley
Der besondere Würfel
Ihr habt einen Freund oder eine Freundin, die gern Rollenspiele spielen, bald Geburtstag haben, aber schon alles besitzen? Die über unser letztjähriges Weihnachtsspecial nur müde lächeln konnten, deren Rollenspielbibliothek ein eigenes Indexsystem (Ragather Verbundsklassifikation?) besitzt und deren Würfeleinkäufe ihnen eine eigene Kollektion bei Chessex eingebracht haben? Kein Problem. Ruft einfach mal bei Christies an, fragt nach, wer 2003 den Zuschlag für dieses schöne Kleinod bekommen hat und einigt euch mit dem Käufer. Die Vorteile liegen auf der Hand: Schnell besorgt, für die schmale Geldkatze und originell.
Computer- und Konsolenspiele
Videospiele werden immer leichter. Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden, wenn man an die Frustkurve mancher früherer Titel und die fehlenden Speichermöglichkeiten denkt. Aber wenn Rollenspiele mittlerweile so laufen, dass man die Gegner mit Dauerklicken tötet, der Goblin durch einen lauten Schrei sein Kommen schon einen Kilometer vorher ankündigt, dann jeder gefährliche Schlag mit einem Blinken und einer elendig langen Animation angekündigt wird und Endgegner, was für taffe Burschen sie auch immer sein mögen, entweder leuchtende Stellen („Schlag mich hier!“) haben oder durch Quicktime-Events das Zeitliche segnen, fühlt man sich bisweilen ein wenig verschaukelt. Dark Souls ist anders. In dieser archaischen, dunklen, angsteinflößenden Welt, gegen die ein Dragon Age die Krabbelgruppe von Baby Rübenfein ist, kann jeder Gegner bei einem nicht bedachten Schritt das Ende bedeuten. Nebenbei zeigt sich, dass sich der Anspruch eines Spieles nicht nur durch die Menge an Text und Dialogoptionen messen kann. (Schaut euch den Trailer an).
Filme
Hugo Cabret
Hugo Cabret ist der neueste Film aus der Feder von Oscar-Preisträger Martin Scorsese. Nachdem wir euch im ersten Teil unserer bonforzionösen Filmtipps mit Knights of Badassdom vielleicht den Nerdfilm schlechthin vorstellten, geht es diesmal in die familienkompatible Fantasyecke.
Hugo Cabret spielt im Paris des Jahres 1931. Der Waisenjunge Hugo lebt nach dem Tod seines Vaters alleine in einem großen Pariser Bahnhof. Er sieht seine Aufgabe darin, die Arbeit seines Vaters fortzuführen und kümmert sich so um die Wartung der vielen Bahnhofsuhren, die regelmäßig repariert und aufgezogen werden müssen. Dabei macht ihm der von Sacha Baron Cohen gespielte Bahnhofsvorsteher das Leben schwer, weil er Hugos Geheimnis auf die Schliche kommen will. Hugos einzige Erinnerungsstücke an seinen toten Vater sind ein rätselhaftes Notizbuch und ein defekter Roboter. Als Hugo dann eines Tages auf Isabelle trifft, die einen geheimnisvollen Schlüssel bei sich trägt, befindet sich Hugo plötzlich in einem fantastischen Abenteuer, das sein Leben für immer verändern soll.
Der Film startet am 09. Februar 2012 in den deutschen Kinos. Wer bis dahin nicht warten möchte, sei auf das Buch verwiesen, das mit seiner originellen Aufmachung zwischen Roman, Bilderbuch und Graphic Novel besticht.
Sonstiges
Late Nerd Show
Die schlechte Nachricht dürften viele von euch schon lange mitbekommen haben: Orkenspalter-TV wird es in der bisherigen Form nicht mehr geben. Bevor ihr euch aber zusammen mit euren kleinen Plüscheulen in die Schwerter stürzt, ihr Lakeien vom Bund der unterwürfigen Speichellecker vom Orden der allmächtigen Plüscheule: Prof. Dr. Dr. Dr. Heinz Featherly und Mháire Stritter treten in Zukunft in der Late Nerd Show (Link zum Archiv) auf, wo sie sich allem widmen, was den Nerd interessiert. Es geht also um Computer- und Konsolenspiele, Comics, LARP, Skurilles, Con-Berichte und letztlich auch Pen&Paper, das erfreulicherweise auch in dem sehr breit gestreuten Format nicht untergeht. Nääääk näk nänuk nääk!
Das Zunftblatt
Die Zunft der Lahnsteiner Rollenspieler e.V. gibt im regelmäßigen Abstand das „Zunftblatt – Dein Phantastik- und Rollenspielmagazin“ heraus. Die aktuelle Ausgabe, die uns auf der RatCon in die Hände fiel, beschäftigt sich mit dem großen Thema Piraten, Seefahrer und Entdecker. Von Seeungeheuern über Piraten im Rollenspiel sind mit einsteigerfreundlichen Rollenspielen auch nichtmaritime Themen vertreten. Wer sich einen Überblick machen möchte, sei auf das Inhaltsverzeichnis der aktuellen Ausgabe 02/2011 (Link zum pdf) verwiesen. Für DSA-Fans könnte das Interview mit Mark Wachholz zum kommenden DSA-Film interessant sein
Videospielmusik
Die Musik in Videospielen ist längst ein popkulturelles Phänomen geworden, dem heute auch unabhängig von den Spielen eine gesteigerte Aufmerksamkeit zukommt. Was bei großen Filmproduktionen schon länger Gang und Gäbe war, nämlich Konzerte zu geben oder renommierte Orchester neue Interpretationen aufnehmen zu lassen, fasst auch bei Spielen Fuß. Auf dem Album The Greatest Video Game Music (Link zu einer kurzen Vorstellung) finden sich Stücke von Legend of Zelda über Elder Scrolls Oblivion und Mass Effect bis hin zu Uncharted, Halo und Bioshock.
Das Wort zum Praiostag
Aus aktuellem Anlass wenden wir uns auch mal zwei Themen zu, die sich mit der Kommunikation im Internet befassen. Der Umgangston in Foren ist bisweilen sehr rabiat, selbst wenn es nur um einfache Meinungsäußerungen geht. Harald Martenstein setzt sich in seiner Kolumne aus dem Tagesspiegel mit dieser Problematik auseinander. Warum denken eigentlich nicht alle wie man selbst, weil man sich selbst für relativ gut, relativ klug und relativ gut informiert hält? Ideen gibts in der Kolumne (Link zum Tagesspiegel).
Sascha Lobo setzt sich bei Spiegel Online mit Leuten auseinander (Link zum Artikel), die einem in einer Internetdiskussion wirklich den Tag vermiesen können: Trolle. Trotzdem sich alle vermeintlich sehr einig in der Ablehnung der Trollerei sind, findet Lobo ein versöhnliches Fazit: Trolle sind auch immer ein Zeichen gestörter Kommunikation auf beiden Seiten der Diskussionsfront und jeder ist ein Wertroll*, also ein Teilzeittroll, der zu bestimmten Mondzeiten herauskommt.
*Nebenbei: Hallo? Können wir den Wertroll für den nächsten Aventurischen Boten als Monsterbeschreibung haben? (Am besten als wanderndes Monster auf Papaya?)
Quellen
youtube.de, klatsch-tratsch.de, cthulhu.de, space1889.dereglobus.org/, uhrwerk-verlag.de, metal.de, the-prussian-gamer.de/, zeit.de, Fuhrmann, Horst: Das Interesse am Mittelalter in heutiger Zeit. Beobachtungen und Vermutungen. In: Fuhrmann, Horst: Einladungen ins Mittelalter. München 2004, 262 – 298., chessex.com, tv.orkenspalter.de, zunftblatt.de, christies.com, whiskey-soda.de, tagesspiegel.de, spiegel.de
Vielen Dank für diesen spannenden Artikel! Der lässt das Nerd- und Rollenspielerherz höher schlagen – habe einige Anregungen erhalten 🙂
Hey, besten Dank, dass ihr die Leute hier auch auf unser Malmsturm-Special auf Metal.de hinweist. Dazu sei mir noch die kleine Anmerkung erlaubt, dass ich grade eigentlich nur noch auf ein bereits versprochenes Rezensionsexemplar von „Malmsturm – Die Welt“ warte, damit da noch eine Fortsetzung folgen kann, die sich eben damit dann beschäftigen soll. Falls der Dominik dies also zufällig lesen sollte: Ich warte schon ganz ungeduldig! ;o)
Vielen Dank für die schöne Kolumne.
Grüße Sturmfelz
Danke für den schönen bunten Teller. Eure Kolumne entwickelt sich und findet immer was Nettes.